Es war die Lerche - Tanja Horisberger

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Es war die Lerche

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Romeo isst Wienerle, Julia trägt Lockenwickler

Ephraim Kishons heiteres Trauerspiel "Es war die Lerche" im "Theater im Park" in Münchenstein.

Autor: Roswitha Frey

Ein schäbiger Campingwagen, zwei Klappliegestühle als Betten, Handtücher und Unterwäsche auf der Leine: Nicht gerade luxuriös hausen Romeo und Julia als in die Jahre gekommenes Ehepaar. Was ist überhaupt aus dem berühmtesten Liebespaar der Weltliteratur geworden? Er hat ganz schön Speck angesetzt, mampft Wienerle, latscht im Unterhemd und in Adiletten daher. Sie trägt Lockenwickler und Brille, schimpft und zetert als frustrierte Hausfrau und staucht ihren Gatten zusammen: "Zieh den Bauch ein". Worauf er zurück stichelt: "Rechthaberische Furie!". Der Haussegen hängt schief bei den Montagues: Romeo und Julia sind unsanft im schnöden Ehe-Alltag gelandet. Da dreht sich Mister Shakespeare im Grabe um, oder vielmehr: Er erscheint als Geist, als "Ghostwriter" aus der Gruft der Vergangenheit und liest seinen Geschöpfen gehörig die Leviten...
So geschieht es in Ephraim Kishons heiterem Trauerspiel "Es war die Lerche", das auf satirische Art die Geschichte von Romeo und Julia weitererzählt: Wenn sie nicht den tragischen Liebestod gestorben wären, gingen sie sich als zänkisches Ehepaar gewaltig auf die Nerven. Ein freches Stück, das anspielungsreich mit Zitaten aus diversen Shakespeare-Dramen spielt. Das Ensemble des neu gegründeten "Theater im Park" führt diese Kishon-Satire mit Musik nun in einer hinreißend amüsanten und originellen Sommer-Freilichtproduktion in der Arena im Park im Grünen in Münchenstein auf. In der einfallsreichen Regie von Sandra Moser sieht man Romeo und Julia als etwas prolliges Pärchen auf dem Campingplatz, angeödet vom Alltagsleben, knapp bei Kasse und zudem geschlagen mit einer aufsässigen, rotzfrechen Teenager-Tochter.
Vor Temperament und Gift nur so sprühend, spielt Tanja Horisberger die Julia als keifende, genervte Hausfrau, die die Nase gestrichen voll hat vom Haushalts-Einerlei und ihrem Mann, der nichts mehr vom edlen Liebhaber hat. Sehr sympathisch und witzig kommt Manuel Müller als rundlicher Romeo mit Bauch und Pferdeschwanz rüber, wenn er beim Geschirrspülen sein Klagelied des Pantoffelhelden singt oder aus Liebesfrust ständig Würstchen verdrückt. Die beiden Schauspieler sind nicht nur als streitlustiges Paar große Klasse, sondern amüsieren auch mit enormer Verwandlungsfähigkeit im schnellen Rollenwechsel. So gibt Horisberger mal höchst exaltiert die frühreife Tochter Lucretia als rebellische Rockerbraut mit krassen Sprüchen, mal die alte bucklige Amme. Und Müller ist unter der Kutte ein gar nicht frommer Pater Lorenzo, der nach Julias Beichte "Sexprobleme" diagnostiziert und rät: "Beten, meine Tochter, ein Paternoster drei Mal täglich...".
Ihre funkelnde Ironie bezieht die tragikomische Satire auch aus den eingebauten Shakespeare-Zitaten. So landet Pater Lorenzo im falschen Stück, schwafelt von Ophelia und dem Dänenprinzen. Gipfel des hintersinnigen Spiels um Shakespeare und seine Figuren ist der Auftritt des elisabethanischen Dichters persönlich: Aus dem Dunkel der Büsche schreitet Reinhard Stehle als "Willie" im Renaissancekostüm effektvoll die Steinstufen des kleinen Amphitheaters hinab, spricht gestelzt in Jamben, trinkt mit Romeo und Julia Bier aus der Dose und entbrennt gar für die ausgeflippte Lucretia. Wie das legendäre Liebespaar mit seinem geistigen Schöpfer über seine Stücke disputiert, hat in dieser Inszenierung enorm viel Wortwitz und Humor. Der große Shakespeare zwischen Campinghockern, Grill und Dosenbier – was für ein aberwitziger, vergnüglicher Theaterspaß!

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